Klassentreffen – die Welle

Klassentreffen – die Welle

Im Rahmen der Unterrichtsreihe zum Roman „die Welle“ von Morton Rhue hat Melina Özcan (9. Klasse) einen kreativen Text geschrieben, welcher ein fiktives Klassentreffen entwirft, das 15 Jahre nach dem Experiment stattfindet.

 

 

„Wir sind aber auch immer spät dran.“, dachte Laurie, als sie gehetzt durch das große Haus ging. Am Ende des Ganges steckte sie den Kopf durch die Tür und schwieg für einen Moment. „Robert? Telefonierst du?“ fragte sie leise. „Nein, alles gut, das Meeting ist vorbei.“ sagte er in einem ruhigen Ton und lächelte seine Frau an. Wer es glaubt oder nicht, aber aus David und Laurie ist nichts geworden. Stattdessen hat Laurie vor zehn Jahren Robert geheiratet und es war definitiv die beste Entscheidung, die sie hätte treffen können. Ja, und wer hätte es gedacht, aber David und Amy sind zusammen gekommen. „Wollen wir los? Wir sind mal wieder spät dran.“ lachte Laurie. Er seufzte: „Lust die alle wiederzusehen habe ich jetzt nicht, aber ja, fahren wir los.“


Der alte Geschichtskurs von Ben Ross wollte sich 15 Jahre nach der Katastrophe wiedertreffen und schauen, wie es allen geht und was aus allen geworden ist. Robert und Laurie betraten das Café, wofür sich der alte Kurs per WhatsApp entschieden hatte, und hielten Ausschau nach den anderen. „Ich glaub ich traue meinen Augen nicht!! Wenn das nicht der kleine Robert ist. Man hab ich dich vermisst.“, schrie Brad durch das kleine Café und erntete ein paar komische Blicke vom Besitzer. „Brad. Ich dich nicht so. Wir hatten ja nicht unbedingt die beste Zeit.“ lachte Robert. „Jetzt hab dich nicht so.“ lachte Brad. „Es sind ja gar nicht alle da.“ bemerkte Laurie. „Ne, tatsächlich nicht. Andrea ist in Chicago, da sie dort in der Oper vorführt. Eric wohnt ja gar nicht mehr in der Nähe, sondern in Frankreich bei seiner Neuen und Brian ist mit seiner Football-Mannschaft beim Pokalspiel. Mit dem Rest habe ich keinen Kontakt mehr.“ klärte Brad auf. Er hatte das Treffen organisiert und sich bei allen erkundigt. Doch die meisten wohnten weit weg oder hatten abgesagt.

Verstehen konnte Laurie das schon. Sie selbst hatte das ganze Geschehen noch nicht ganz verarbeiten können und hatte bis heute noch mit Albträumen zu kämpfen. Sie hoffte einfach, dass dieser Mann nicht mehr rausgelassen würde. Sie schaute sich um. Sie saß tatsächlich nach 15 Jahren mit Robert, Brad, David und Amy an einem Tisch. Und das lebendig.

 

„Wie geht’s euch allen so?“ fragte Laurie neugierig. „Mir geht’s super. Ich bin wunschlos glücklich.“ verkündigte Brad. „Uns geht es auch super. Wir haben uns ein neues Haus gekauft und werden nächste Woche umziehen.“ verkündete Amy erfreut und sprach dabei auch für David. Bevor Laurie zu Wort kommen konnte, griff Robert ein. Er kannte seine Frau mittlerweile richtig gut und wusste, dass es zu einem Wettstreit mit Amy kommen könnte. „Bei uns ist ebenfalls alles gut. Wir sind viel unterwegs. Laurie ist eine der besten Redakteure des Landes und ich reise als Therapeut immer auf der ganzen Welt herum, um Kindern zu helfen, über Traumata hinwegzukommen. Ich besuche auch viele Schulen, für den Fall…ihr wisst schon.“ endete Robert plötzlich.

 

Alle schwiegen für eine Weile. „Habt ihr euch eigentlich vor der ganzen Sache erholt? Ich bin ehrlich, ich hab mich immer noch nicht ganz erholt. Ich mein wir waren noch Kinder“ wendete David vorsichtig ein. „An sich schon, aber auch nur weil ich weiß, dass Mr. Ro… ich wollte seinen Namen nicht mehr in den Mund nehmen, also nur weil ich weiß, dass er in einer Psychiatrie sitzt und nie mehr rauskommt.“ antwortete Robert. „Geht mir genauso. Er kann es niemandem mehr antun. Manchmal stell ich mir, dass meinen Kindern dasselbe passieren könnte und glaubt mir, dass ist kein schönes Gefühl.“ berichtete Brad. „Du bist ja richtig sozial geworden“ erwähnte Robert lachend. Auch der Rest lachte mit. Es war gar nicht so schlimm, wie sie alle dachten. Irgendwie verbindet sie ja noch alle etwas.

 

Plötzlich klingelte Brads Handy. Alle schauten ihn an. „Ich habe eine Sprachnachricht von einer fremden Nummer erhalten. Komisch, oder?“ Und sofort war es da. Das schlechte Gefühl in Lauries Magen breitete sich aus. „Spiel sie ab. Wer soll es sein? Ein kleines Monster, was Brad Angst einjagen will?“ machte David sich lustig. „Hey…“ Diese Stimme würde Laurie immer wieder erkennen. Sie wurde kreidebleich und griff nach Roberts Hand. Auch die anderen sahen aus wie Geister. „Gott, dass hätte ich nicht sagen sollen“ realisierte David. „Ich bin es. Ich weiß, es ist eine Weile her, aber ich musste in letzter Zeit viel an euch denken. Ja was soll ich sagen? Ich bin frei und wie ich sehe traut ihr euch nach 15 Jahren immer noch zusammenzukommen. Wir sind noch lange nicht fertig. Wie ich euch früher beigebracht habe. Wir sind eine Gemeinschaft. Gemeinsam sind wir mächtig. Man sieht sich…“

 

 

 

 

Thomas Koch

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